Der Braten und der Kohl

(Dieser Beitrag gehört zur Serie „Redewendungen“. Hier geht es zum ersten erklärenden Beitrag „Was macht der Storch im Salat?“ und zur Übersichtsseite.)

Leider habe ich es versäumt, für diesen Beitrag aufzuschreiben, in welchem Zusammenhang mein Mann (oder ich) die Redewendung verwendet haben, über die ich hier schreiben möchte (genau genommen sind es sogar zwei Redewendungen, die aber dasselbe bedeuten).

Im Sinne von „das spielt jetzt auch keine Rolle mehr“ sagt mein Mann: „Das macht de Kohl au nümmi fett“ (das macht den Kohl auch nicht mehr fett) – ich hingegen sage: „das macht dr Broote au nümmi feiss“ (das macht den Braten auch nicht mehr feist/fett). Das finde ich interessant: denn dass ich im Dialekt andere Redewendungen verwende als im Hochdeutschen, wundert mich (inzwischen) nicht mehr – dass aber mein Mann und ich verschiedene Redewendungen für dieselbe Bedeutung verwenden, obwohl wir beide Dialekt sprechen, finde ich schon erstaunlich. (Wer mehr zum Thema „Dialekt“ lesen möchte: im Beitrag „Was steckt im Dialekt?“ in dieser Serie habe ich bereits darüber geschrieben.)

Deshalb frage ich mich auch jetzt, was wohl stimmt (das habe ich mich auch schon im Beitrag „Was stimmt jetzt?“ gefragt) oder woran es liegt, dass wir verschiedene Redewendungen für dieselbe Bedeutung verwenden.

Der Duden (Band 11, Redewendungen) hilft mir hier (leider) nicht weiter. Hingegen kennt der Duden (Band 1, Die deutsche Rechtschreibung) das Wort „feiß“  für fett, feist mit dem Zusatz: südwestdeutsch und schweizerisch mundartlich – das stimmt ja soweit (ausser dass in der Schweiz der Buchstabe „ß“ nicht existiert… aber dazu ein anderes Mal mehr).

Hilfreicher ist dieses Mal das Internet und zwar einmal mehr die Seite von GEOlino (sie hat mir kürzlich auch schon beim Beitrag „Warum die Fasnacht alt sein kann“ geholfen): die Bedeutungen „auf solche Kleinigkeiten kommt es nun auch nicht mehr an“ oder „das nützt auch nichts mehr“ treffen in etwa unsere Verwendung. Die Herkufnt der Redewendung geht tatsächlich auf den Kohl als Nahrungsmittel zurück. Früher wurde schlichter Kohl besonders als Nahrungsmittel für arme Leute gesehen, denn ohne die Zugabe von teurem Fleisch (Speck) machte auch die Zugabe anderer Zutaten den Kohl nicht „fett“, also schmackhaft. Es nützte also nichts, den Kohl mit Gewürzen noch verfeinern zu wollen, solange kein Fleisch dabei war. Als ähnliche Redewendungen mit gleicher Bedeutung werden dann „Das macht den Braten nicht fett“ oder „Das macht das Kraut auch nicht fett“ genannt. Da kommen wir der Sache also schon näher! (Übrigens soll schon Martin Luther diese Redensart vor rund 500 Jahren gebraucht haben.) Quelle: www.geo.de, abgerufen am 26. Feb. 2024

Die Suche nach dem „Braten“ gestaltet sich schwieriger: im Blog eines Deutschen, der in der Schweiz lebt (www.blogwiese.ch, abgerufen am 26. Feb. 20204), finde ich den Hinweis, dass die Deutschen eben lieber Kohl mögen (was durchaus auch politisch verstanden werden kann) – ob das alerdings stimmt, kann ich auch nach über zwanzig Jahren in Deutschland lebend nicht abschließend beurteilen. Im Grunde genommen spielt es ja auch keine Rolle, oder?

P.S. Bei der Suche der Suche nach einem guten Beispiel für die Redewendung bin ich auf der Internet-Seite des digitalen Wörterbuchs der deutschen Sprache (www.dwds.de, abgerufen am 26. Feb. 2024) auf folgendes Beispiel gestoßen: „Aus der erneuten Analyse des Mondstaubs zog ein Forscherteam eine überraschende Erkenntnis: Der Erdtrabant ist keine 4,42, sondern 4,46 Milliarden Jahre alt. Diese Nachkommastelle macht den Kohl nicht fett? Könnte man meinen. Doch immerhin beträgt der Unterschied 40 Millionen Jahre. [Südkurier, 27.10.2023]“ Manchmal machen eben Kleinigkeiten doch den (großen) Unterschied!

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4 Gedanken zu „Der Braten und der Kohl“

  1. Sehr interessant, auch für mich persönlich, weil mein Mann und ich aus verschiedenen Regionen kommen mit wiederum Eltern, bei denen dies auch der Fall war. Sprich: da kommen ganze Familiensammlungen an Redesarten zusammen, die uns immer wieder amüsiert und vor allem mich zur Suche anregt. Mein Mann im Badischen aufgewachsener Mann würde nie Kohl sagen, sondern auch Kraut, wobei die verschiedenen Kohlarten in Deutschland regional reiche Namensvarianten aufweisen, die auch mich verwirren. Blaukraut oder Rotkohl oder andersherum verkreuzt ist nur ein Beispiel.

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    1. Hallo Puzzleblume, danke für Deinen spannenden Kommentar! Ich musste schmunzeln, dass Dein Mann Kraut sagt. Wir wohnen nämlich im Badischen und mein Mann stammt auch von hier, aber er sagt in der Redewendung Kohl (sonst aber auch eher Kraut, also z.B. Rotkraut). Das ist ja ein Durcheinander! In der Schweiz gibt es noch die Redewendung „Chrut und Riebä“ (Kraut und Rüben), ich weiß gar nicht, ob ich darüber schon mal etwas geschrieben habe.

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      1. So kommt man von Hölzchen auf Stöckchen. Die Rüben sind auch so eine Verständnissache. Als ich zum ersten Mal „Gelberüben“ als ein Wort zusammenhängend gesprochen hörte, kam ich überhaupt nicht auf die Idee, dass es sich um Mohrrüben, Möhren oder Karotten handelte. Ich bin Landkind, da sind Rüben gedanklich anders zugeordnet. 😀

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